1995

Die Chronik.  30 Jahre   aktHivplus

1995 -"Bädlestreit", Schwerbehindertenausweis,....

Hohenzollerische Zeitung v. 23.09.1995

ERMUTIGUNG zum Weitermache: MdL Paul-Stefan Mauz grüßte die HIV-Positiven des Landes, die sich an diesem Wochenende zum 20. Mal in Gauselfingen versammeln.

Foto: hy


2214,90 MARK AN STANDGELD sind beim jüngsten Kunsthandwerkermarkt  im Gauselfinger „WIR-Projekt“ (wir berichteten) zusammengekommen. Angelika Baldus, Krankengymnastin im „WIR“ und Veranstalterin des Marktes, überreichte den Betrag gestern der Vorsitzenden des Selbsthilfevereins „AktHiv+“, Sabine Faber-Gretz (links). Foto: bad 

Zwischen Leben und Tod« heißt eine von der Aids-Hilfe zusammengestellte Bilderschau in der Reutlinger Volkshochschule. Marion Sprengel (Mitte), sprach einführende Worte. GEA-Foto: mat

1995 war eines der bedeutensten Jahre in der Geschichte von AktHiv+. Die Ereignisse überschlagen sich geradezu. Vorstände und Mitglieder agieren und kämpfen an vielen Seiten.

  • Termine und Einladung zu den AktHiv+ Treffen 1995

    Termine und Einladung zu den AktHiv+ Treffen 1995


    Der Teilnahmebeitrag betrug  45,- DM,  Die Teilnehmerzahl war max. 38 Personen 


    AktHiv+ e.V.  [vormals "Posithiv-Team] wurde 1994 gegründet aus einer Gruppe von Menschen mit HIV und AIDS, die seit Jahren die Landesweiten Positiventreffen in Baden-Württemberg durchführen. AktHiv+ ist ein Team von Menschen, die mit dem Faktor AIDS leben oder als Partner/in betroffen sind. Als engagierte Menschen mit HIV/AIDS suchen wir das Gespräch mit Öffentlichkeit, der Presse und der Politik, um unsere Anliegen zu vertreten und für die Solidarität mit Betroffenen zu werben. Akthiv+ bietet  an:


    + landesweite Gesundheitsworkshops für alle Menschen mit HIV/AIDS + Partner/-in

    + Erfahrungsaustausch

    + politisches Forum

    + Notfallfond (mildtätige Zuschüsse)

    + ärztliche Betreuung und ggf. Kinderbetreuung (während der Treffen)

    + ab Sommer '95: Kurzurlaub auf der Schwäbischen Alb


    Termine 1995:

    25.02. - 01.03.1995 (über Fasching) / Schwerpunkt: Psycho-Neuro-Immunologie

    15.06.- 18.06.1995 / Schwerpunkt: Medizin

    21.09.- 24.09.1995 (20. Treffen! Yeah!) / Schwerpunkt: Sex(ualität)

    26.12.- 30.12.1995 (an Weihnachten) / Schwerpunkt: "Hausgemachtes" 


    AktHiv+ bietet für Menschen mit HIV und AIDS auf den Positiventreffen einen kontinuierlichen Rahmen für

    + Sachinformation, z.B.

          + schulmedizinische u. alternative Therapien

          + juristische Informationen

          + AIDS- und Gesundheitspolitik

          + Ernährung

    + allg. Informationen über bundesweite, nationale und internationale Projekte

          + für Selbsterfahrungsmöglichkeiten, z.B.

          + Sexualität

          + Beziehungen,

          + Sterben und Tod/Trauerarbeit

          + Einzelgespräche

    + für Workshops zur Alltags- und Freizeitgestaltung, z.B.

          + Sport

          + Malen

          + Entspannung/Streßreduktion

          + Literatur

          + Ausflüge in die Umgebung

    + für politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung  z.B. mit

          + Drogenpolitik/Methadon

          + Homosexualität

          + Menschen- und Bürgerrechte

  • Oliver Trautwein auf der 7. Internationalen Positivenkonferenz in Kapstadt

    Oliver Trautwein nimmt im März an der 7. Internationalen Positivenkonferenz in Kapstadt teil.

    Im Protokoll v. 19.03.1995 der 1. ordentlichen Mitgliederversammlung berichtet er, dass ihm dort gesagt wurde, dass in Israel und Kanada Menschen mit HIV wohl Repressionen ausgesetzt sind, wie z.B. der Eintrag der HIV-Infektion im Personalausweis und dem Führerschein.

  • Ein Zitat. Wahrlich das Lebensmotto für die Positiven und AIDS-Kranken der damaligen Zeit

    Aus dem Protokoll der 1. ordentlichen Mitgliederversammlung anläßlich des Todes eines Fördermitglieds wurde festgehalten:

    "Viele von uns haben ihn auf dem letzten Positiventreffen, wenn auch krank und im Bett liegend, gesehen. Ihm bedeuteten die Treffen sehr viel, weshalb er auch in seinem schlechten Zustand dennoch hinkommen wollte. Um so mehr hat es ihm gut getan, zu erleben, wie man/frau sich um ihn kümmerte, Nachtwache(n) hielt und ihn soweit als möglich in das Treffen mit einbezog. (Name)  war ein sehr lustiger und lebensbejahender Mensch, unvergessen bleiben sein tuntiger Auftritt bei Markus' Lesung oder seine Gesangsvorträge aus Musicals.

    Er war ein Kämpfer." 


    Es folgt ein Zitat:

    "...Wenn wir dies alles überleben werden: Dann werden wir uns zurücklehnen und  lachen.

    Weil uns nichts anderes bleibt als in zäher  Verbissenheit, die invaliden Träume in neue Haut zu kleiden.

    Weil wir die Kapitulation verweigern. ..."

    -S.Vesely., Chile-

  • 17.04.1995 Die Angst bleibt ständiger Begleiter

    17.04.1995 Reutlinger Tagblatt

    Die Angst bleibt ständiger Begleiter

    »Zwischen Leben und Tod«: Aids-Hilfe zeigt eine sehenswerte Ausstellung in der Volkshochschule

    Von unserem Redaktionsmitglied Martin Turetschek


    Reutlingen. (-mat) Die Angst ist ihr ständiger Begleiter: Menschen die mit dem gefürchteten HIV-Virus infiziert sind, haben in der Regel die längste Zeit ihres kostbaren Lebens hinter sich. 

    Wie solche Leute mit der grausamen Wahrheit künstlerisch umzugehen versuchen, zeigt jetzt die Aids-Hilfe Tübingen-Reutlingen anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens in der Reutlinger Volkshochschule. Titel der Ausstellung: »Zwischen Leben und Tod«. Der Vernissage am Montag Abend schloss sich eine Diskussion mit Betroffenen und Fachleuten an.

    Eines ist den Bildern meistens auf den ersten Blick anzusehen: Der Tod ist allgegenwärtig. Die Ahnung von der begrenzten Lebenszeit, lässt HIV-Infizierte wahrnehmen, was andere achtlos übersehen. Daran erinnert Marion Sprengel von der Stuttgarter Aids-Hilfe. »Jeder von uns ist nur einen Herzschlag vom Tod entfernt.«


    »Jalousie« heißt der Titel eines in düsterem Blau gehaltenen Bildes. Das dargestellte Auge hinterm Fenstervorhang weist aber auf den französischen Ursprung des Wortes hin: Eifersucht. »Der Maler ist eifersüchtig auf alle, die das Virus nicht in sich tragen«, erklärt die Stuttgarterin Sprengel.


    Die Ausstellung, die in Reutlingen bis zum 11. Mai jeweils zu den Öffnungszeiten der Volkshochschule zu sehen ist, war in dieser Form noch nirgends zu Gast. Zwar stammen sämtliche Kunstwerke aus einer Sammlung, die der Stuttgarter Seelsorger für Aids-Kranke, Petrus Celen, zusammengestellt hat. Doch die Wanderausstellung ändert laufend ihr Gesicht.


    Die Autoren bleiben fast anonym. Die Bilder im ersten Stock der Volkshochschule sind lediglich mit einem kleinen Schildchen versehen, das Vornamen und Alter der Künstler nennt. Der Kampf gegen das schleichende Siechtum durch die Immunschwäche zeigt sich teilweise in kräftigem Pinselstrich. Manchmal verblüffen Farbtöne. »Malen wird für sie zum echten Lebensmittel«, sagt Marion Sprengel.


    In der Podiumsdiskussion »Aids in Reutlingen - zwischen Großstadt und Provinz« forderte Moderatorin Beate Rau vom Schwäbischen Tagblatt in Tübingen die Zuhörer ausdrücklich auf, sich einzumischen. Die knapp fünfzig Angesprochenen hörten jedoch zunächst zu, was Betroffene und Experten zu sagen hatten.


    »Wenn ich mich in die Situation Infizierter rein denke, dann will ich doch nicht hören dass ich möglichst viele Vitamine essen soll«, meinte die Ärztin Elisabeth Neuner-Götz vom Reutlinger Gesundheitsamt. Wie man als »Buddy« oder »Kumpel« eine echte Hilfe für Infizierte sein kann, erläuterte Krankenpfleger Sebastian Hambrecht.


    Sabine Faber und René Christ verdeutlichten ihre eigene Lage. Die Mitgründerin des Gauselfinger Vereins AktHiv+ hat sich »mit dem Virus arrangiert«. Der Stuttgarter Präventionsmitarbeiter der Aids-Hilfe formuliert seine Lebensmaxime krasser: »Man steckt immer in der Scheiße. Nur die Tiefe ändert sich.«

  • 08.05.1995 Flexibilität in der AIDS-Betreung ist gefragt

    Bonner Rundschau 08.05.1995

    Flexibilität in der AIDS-Betreuung ist gefragt

    |onn. 


    „Viel Frust“ sei beim ersten landesübergreifenden Informationstreffen von HIV- und AIDS-Selbsthilfegruppen am Wochenende zutage getreten, formulierte Norbert Besançon von der Bonner AIDS-Hilfe am Samstag. Mitglieder der hiesigen „Freitagsgruppe“, die HIV-Infizierten und AIDS-Kranken eine Anlaufstelle bietet, der Frauengruppe der Bonner AIDS-Hilfe, des Karlsruher I.P.E. Pflegeprojektes Aids sowie der Gauselfinger Selbsthilfegruppe AktHiv+ hatten sich im Haus der AIDS-Hilfe zusammengefunden, um Erfahrungen auszutauschen und die derzeitige AIDS-Politik zu hinterfragen.


    Einig waren sich einig, dass sowohl in der Öffentlichkeit als auch in Fachkreisen - beispielsweise der Ärzteschaft - noch ein großes Informationsdefizit bestehe. Von eigenen Erfahrungen wusste Jürgen-Michael Schrimm von der Freitagsgruppe zu berichten:

    In einer Bonner Klinik habe sich ein Arzt geweigert,Schrimms starke Nasenblutung zu untersuchen und stattdessen einen „völlig überflüssigen” Hörtest mit ihm gemacht - offenbar habe der Mediziner versucht, jeden Körperkontakt zu vermeiden. Bedürfnisse der Patienten bleiben oft unberücksichtigt


    Schwerpunktpraxen für AIDS-Kranke und Infizierte forderte aus diesem Grund die AktHiv+ Vorsitzende Sabine Faber, selbst seit zehn Jahren infiziert. Anstatt den ohnehin psychisch stark unter Druck stehenden AIDS-Patienten oft unnötig lange Krankenhausaufenthalte zuzumuten, wäre ein Ausbau der psychosozialen und ambulanten Betreuung viel sinnvoller, betonte sie. Doch von den Schwierigkeiten, mit Pflegediensten neue kooperative Wege zu beschreiten, weiß Norbert Besançon ein Lied zu singen: Deren Einstellung sei nur allzu oft ablehnend. Da gelte meist das Hohelied der „sogenannten Experten“; die Betroffenen selbst, die nach Meinung Besançons die „wahren Experten” sind, würden gar nicht erst nach ihren Bedürfnisse gefragt. Eines dieser Bedürfnisse sei zum Beispiel jenes nach der Beibehaltung des alten Lebensstils, betonte Alexander Popp, Geschäftsführer der Bonner AIDS-Hilfe. Das komme allerdings in den meisten Pflegeangeboten zu kurz - auch im betreuten Wohnmodell des Bonner Vereins Lighthouse.


    Viel zu viele Patienten insgesamt, seien hier untergebracht - Leiden und Sterben der Mitpatienten müsse deshalb von allen aus nächster Nähe miterlebt werden: „Eine Zumutung“, findet Popp. Besonders schlimm erscheint ihm, dass gerade die bedürftigste AIDS-Klientel, nämlich obdachlose Heroinabhängige hier keine Aufnahme finde. „Die Stadt sollte besser Privatwohnungen sichern“, forderte Schrimm deshalb „Lebensstil-Akzeptanz“ nannte Besançon als Stichwort für eine wünschenswerte flexiblere Krankenbetreuung.

  • Statement / Einladung v. 23.05.1995 zum 18. Treffen von AktHiv+

    Akthiv - offensiv - positiv

    Verein und Projekt Landesweite  Positiventreffen Baden-Württemberg

     

    Viele Menschen träumen von einer besseren Welt, doch nur wenige sind bereit, auch etwas zu tun und mit ihrem Namen dafür einzutreten. Oft gibt es auch vernünftige Gründe, dass man/frau sich nicht traut, auch öffentlich zu dem zu stehen, wofür man sich engagiert. Die Angst vor Repressalien und

    Stigmatisierung kennt die Mehrheit von HIV-positiven Menschen sehr gut. Immer noch lassen viel zu viele diese Angst zu sehr ihr Handeln bestimmen.


    Aktiv:

    Mit der Gründung von AktHiv+ e.V. 1994 als Verein für landesweiten Positiventreffen in Baden-Württemberg, hatten Betroffene selbst ein deutliches Zeichen gegen Verstecken, Verdrängen und Angst gesetzt.

    Denn der Verein besteht nur aus Menschen mit HIV/Aids und deren Partner/-innen, so dass die Zugehörigkeit hierzu sehr oft bedeutet, selbst infiziert zu sein. Bewusst wurde auf die Möglichkeit -wie bei der Aids-Hilfe-, keine Rückschlüsse auf den Serostatus zu ermöglichen und als Betroffener nicht erkannt zu werden, verzichtet. Dieser Mut war neu in Baden-Württemberg.


    Offensiv ;

    AktHiv+ mischt sich in die Aids-Politik ein, betreibt Öffentlichkeitsarbeit und wirbt für die Solidarität mit Betroffenen. Den politischen Bemühungen der Gründer von AktHiv+ 1994 ist es zu verdanken, dass das Land Baden-Württemberg künftig die Landesweiten Positiventreffen jährlich mit DM 33.000 fördern wird. Durch eine Petition von 30 Infizierten und über 1300 Unterstützern an den Landtag von Baden-Württemberg, den Besuch einer Positiven-Delegation bei den Fraktionen und der Ministerin sowie Presseberichten, war es gelungen, das Projekt Landesweite Positiventreffen Ba-Wü zu erhalten.


    Das öffentliche Auftreten von AktHiv+-Mitgliedern bescherte weiterhin der Aids-Hilfe Ba-Wü Verein eine Spende des VHF-Verlages, um die Positiventreffen Ba-Wü von AktHiv+ zu finanzieren.

    Offensives Eintreten für die Rechte von Betroffen heißt für uns auch,die Einreisebeschränkungen für Positive von Ländern wie den USA, Kanada oder Russland anzuprangern und zu protestieren. Die Situation von Menschen mit HIV/Aids im Strafvollzug ist 1995 ein weiteres Thema der politischen Arbeit von AktHiv+ und Gegenstand eines Gespräches zwischen Justizministerium, Abgeordneten und natürlich uns, den Betroffenen.


    Positiv

    Die Landesweiten Treffen von Menschen mit HIV/Aids in Baden-Württemberg

    (Gesundheitsworkshops) bestehen nunmehr seit 7 Jahren. 1988 von 2 Karlsruher Betroffenen (Oliver und Uli) ins Leben gerufen, von der LAG+ (Landesarbeitsgemeinschaft von Positiven Ba-Wü, 1988-90) ausgebaut und heute von AktHiv+ in positiver Tradition fortgeführt, haben sie über 500 Positiven ermöglicht, an den Gesundheitsworkshops teilzunehmen.

    Leitgedanke der Treffen ist es, in Form von Selbsthilfe, Betroffenen den Weg aus Isolation und Einsamkeit herauszuweisen und Erfahrungen mit anderen austauschen zu können. Angebote zur Entspannung, Massage und Stressreduktion sowie Gesprächsgruppen sind Kern der Gesundheitsworkshops. Daneben referieren in einem Informations- und politischen Forum Ärzte, Psychologen, Juristen, Politiker und erfahrene Betroffene selbst zu Aids-spezifischen Themen. Die Landesweiten Positiventreffen sind offen für alle Menschen mit HIV/Aids und deren Partner/-in. Die auf den Treffen geäußerten Probleme und Sorgen von Menschen mit HIV/Aids geben dem Trägerverein AktHiv+ die notwendigen Argumente, gezielte politische Forderungen zu erheben und zu vertreten.


    Termine

    15.06.-18.06.95, Schwerpunkt Medizin

    21.09.-24.09.95, Schwerpunkt Sexualität (20.Treffen)

    26.12.-30.12.95, "Hausgemachtes"

    (c) AktHiv+ e.V., Oliver Trautwein

  • AktHiv+. Die Geschichte der landesweiten Positiventreffen Baden-Württemberg

    AktHiv+. Die landesweiten Positiventreffen Baden-Württemberg

    (Datum des Artikels unbekannt)


    Geschichte:

    Die landesweiten Treffen von Menschen mit HIV/AIDS in Baden-Württemberg (Gesundheitsworkshops) bestehen seit nunmehr 7 Jahren. Über 500 HIV-infizierte und/oder an AIDS-kranke Menschen haben bis Ende 1994 daran teilnehmen können. Die Treffen genießen heute große Aufmerksamkeit sowohl unter Betroffenen als auch in der Politik.


    Das erste Treffen wurde von 2 Betroffenen aus Karlsruhe (Uli und Oliver) organisiert und fand in der Nähe von Heilbronn statt. Dort bildete sich auch das erste  Organisationsteam (5 Personen), das weitgehend eigenverantwortlich und demokratisch die Inhalte der Treffen festlegte. Aufgrund von Tod, Ortswechsel und Rückzug aus persönlichen Gründen, verblieb schließlich nur Oliver Trautwein, ein offen positiv lebender Mann aus Karlsruhe, im Team. Er übernahm von '89 bis '91 die Gesamtverantwortung für Treffen. Mit Unterstützung und Vertrauen der Geldgeberin, der Deutschen AIDS-Hilfe, legte er den Grundstein für die heutige Form und Ausgestaltung der Treffen und hat trug maßgeblich dazu bei, dies Treffen als solche zu erhalten.


    1992 fanden sich erneut engagierte HIV-positive Menschen zusammen, um gemeinsam die Gesundheitsworkshop zu planen, durchzuführen und abzurechnen. Nach einigen personellen Veränderungen verfestigte sich die Gruppe auf 10 Personen und nannte sich zunächst "Posithiv-Team" unter dem Dach der AIDS-Hilfe Baden-Württemberg e.V.

    Die Gesundheitsworkshops finden deshalb großen Anklang aufgrund ihres vielfältigen Angebots durch Vorträge zu Medizin, Entspannung, Politik, Recht, Selbsterfahrung sowie Stressreduktion.

    Leitgedanke der Treffen ist es, in Form der Selbsthilfe, Betroffenen den Weg aus Isolation und Einsamkeit herauszuweisen und Erfahrungen mit anderen austauschen zu können.


    Zu diesem Zweck werden Politiker, Journalisten und Referent/innen vom Veranstalter zu Fachvorträgen eingeladen, aber auch Betroffene motiviert, selbst ihre Erfahrungen und Kenntnisse einzubringen.


    Der Großteil der Teilnehmer/innen (> 90%) wohnt und lebt in Baden-Württemberg, obgleich auch immer gerne "ausländische" TeilnehmerInnen (Schweiz, Niederlande, Südtirol/Italien, Fürstentum Liechtenstein, Rheinland-Pfalz, Berlin,...) begrüßt werden.


    Von 1992 an konnten mit Unterstützung der AIDS-Hilfe Baden-Württemberg e.V. 3 Treffen stattfinden; zumal die Nachfrage immer mehr stieg. In 1993 zeichneten sich die faktischen Kürzungen des Bundes ab, die eine Beibehaltung der Treffen in bisheriger Form nicht gestattet hätten. Die regionalen AIDS-Hilfen beschlossen daraufhin, trotz geringer Eigenmittel, wenigstens die Reisekosten der oft sozial schwachen Teilnehmer zu übernehmen.

    Die Veranstalter waren gezwungen, einen Teilnahmebeitrag zu erheben, was einige Positive durchaus stark getroffen hat. 

    Im Mai 1993 richteten daher die Teilnehmer/-innen der Treffen, Menschen mit HIV/AIDS, zum 1. Mal in der Geschichte des Landtages von Baden-Württemberg namentlich eine Bittschrift (Petition) an das Parlament. Die Bittschrift hatte zum Ziel, eine dauerhafte finanzielle Unterstützung seitens der Landesregierung zu erwirken. Über 1.352 BürgerInnen unterstützen schriftlich die Petition, die im Original dem Landtagspräsidenten zu geleitet und jedem der 146 Landtagsabgeordneten in Kopie übersandt wurde.

    Traurige Anmerkung : 6 HIV-positive Petenten erlebten den Abschluss des Verfahrens nicht mehr; sie starben vorher an den Folgen von AIDS.


    Der Wunsch, die Gesundheitsworkshops zu erhalten, entfesselte ein regelrechtes politisches Bewusstsein und brachte einige Betroffene dazu, hierfür offensiv einzutreten. Wiederum erstmalig besuchte eine Delegation von infizierten Menschen die Abgeordneten im Landtag in Stuttgart sowie die Sozialministerin, um für eine finanzielle Förderung der Treffen zu werben.

    Daneben sorgten Presseartikel und Vorträge auf öffentlichen Veranstaltungen für eine breite Solidarität zugunsten der Positiventreffen.


    Nach 1  1/2 Jahren zähem Ringen entschloss sich die Landesregierung die Positivenworkshops mit einem Zuschuss von DM 30.000,-- jährlich zu erhalten.

    Bestärkt durch diesen Erfolg (in Zeiten des allg. Sozialabbaus) und den guten Erfahrungen in der politischen und Pressearbeit, entschlossen sich die Organisator/-innen zu einem weiteren wichtigen und neuen Schritt. Sie gaben die bisherige Anonymität und das schützende Umfeld der AIDS-Hilfe endgültig auf und gründeten 1994 die Organisationsgruppe als sichtbaren und auch nach außen hin erkennbaren Verein von AIDS-Betroffenen. (AktHiv+).


    Unter den Namen AktHiv+ werden nun ab 1995 die Landesweiten Positiventreffen Baden-Württemberg durchgeführt. Das herausragende und besondere hierbei -neben dem Symbolgehalt eines Positivenvereins- ist, dass es gelungen zu sein scheint, zumindest einigen Betroffenen die Angst vor Diskriminierung in der Öffentlichkeit nehmen zu können.

    Der Einsatz um den Erhalt der Gesundheitsworkshops, so zeigte sich, forcierte die Selbstorganisation der Menschen mit HIV und AIDS in Baden-Württemberg und erfüllte damit indirekt eine der grundlegendsten Forderungen der Weltgesundheitsorganisation in Sachen staatlicher Gesundheitsförderung/-Aufklärung:


    Menschen zu befähigen, für die eigenen Belange, selbst aktiv zu werden.


    Pro Jahr erreichen die Positiventreffen Ba-Wü ca. 120 Betroffene mit spezifischen Informationen, Kontaktmöglichkeiten und persönlichen Hilfestellungen.

    Gesundheitsförderung im Sinne der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO (Ottawa-Charta) war und ist weiterhin dadurch möglich. 

  • Beiratsbericht 3/95 Baden-Württemberg über die Aufnahme von AktHiv+ als 13tes Mitglied der Baden-Württembergischen Aidshilfen

    Beiratsbericht von Oliver Trautwein:

    "Nach Ablauf der Probezeit von 6 Monaten (gem. den Aufnahmekriterien Ba-Wü) ist AktHiv+ e.V. als 13. Mitglied der AIDS-Hilfe Ba-Wü aufgenommen. Der Landesvorstand hat mit dem Positivenverein einen Vertrag geschlossen, indem dieser mindestens DM 33.000,-- jährlich zur Finanzierung der Positiventreffen bereitstellt. Die Summe entspricht exaktder Fördersumme, die die Landesregierung den regionalen AIDS-Hilfen ab 1995 zur Verfügung stellt.


    Die heftigen Auseinandersetzungen zwischen Beiratsvertreter und Landesvorstand, positiven und negativen AH-Mitarbeitern oder Landesebene und regionale Ebene 1994 sind beendet.


    Die Aufnahme von AktHiv+ in den Landesverband verlief leider auch nicht reibungslos, einzelne AIDS-Hilfen wollten AktHiv+ e.V. nicht das Recht zugestehen, Öffentlichkeitsarbeit betreiben zu dürfen. Ein entsprechender Satzungspassus bei AktHiv+ sollte gestrichen werden, da einzelne AHs auch negative Presseberichterstattung über sich befürchteten.

    Der Änderungsantrag wurde von AktHiv+ kategorisch abgelehnt, was seiner Aufnahme in den Landesverband bei der abschließenden Abstimmung aber nicht sehr schadete. Der letztlich glückliche Ausgang dieser Verhandlungen kann leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Verhältnis zwischen Landesverband / einzelnen AIDS-Hilfen gegenüber AktHiv+ e.V. sehr gespannt ist und vorerst auch wohl bleiben wird.


    AktHiv + ist nicht Mitglied der DAH, nur "assoziiertes Mitglied" im Arbeitskreis "HIV-Referenten-Treffen" des DAH-HIV-Referates.Eine Mitgliedschaft in der DAH ist nicht beabsichtigt."

  • Oliver Trautwein tritt als Beirat für Baden-Württemberg in der DAH zurück

    Mit Schreiben vom 10.06.1995 an die Geschäftsführung der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. in Berlin tritt Oliver Trautwein als Beirat für Baden-Württemberg in der DAH zurück.


    "Liebe Freundinnen und Freunde,

    aus gesundheitlichen Gründen habe ich zum 10. Juni '95 mein Beiratsmandat

    für Ba-Wü niedergelegt. Ich danke allen, die mich in meiner Arbeit unterstützt

    haben und sage "Tschüß".

    Die AIDS-Hilfen in Ba-Wü haben auf ihrer heutigen Sitzung einen neuen Beiratsvertreter sowie Stellvertreter gewählt.

    Mit lieben Grüßen, Oliver Trautwein"


    Der neue Beirat ist René Christ,

    AIDS-Hilfe Stuttgart e.V.

    Sein Stellvertreter ist Klaus Oppenländer

    I.P.E.-Pflegeprojekt Aids, Karlsruhe

  • Resolution von AktHiv+ resp. Schreiben an Bundesgesundheitsminister Hr. Seehofer

    Am 04.08.1995 richtet Oliver Trautwein im Namen von AktHiv+ im Schreiben an Herrn Seehofer, damals Bundesgesundheitsminister, die Bitte, sich im Zusammenhang mit der Novellierung des

    Arzneimittelgesetzes vom Aug. '94 für den Erhalt von Naturheilmitteln für die Behandlung von HIV-positiven und an Aids erkrankten Menschen einzusetzen.


    AktHiv+ e.V., Recksteinstr. 14, 72393 Gauselfingen

    Landesweiter Zusammenschluss von Menschen mit HIV/AIDS und Partner/-in in Baden-Württemberg 


    Resolution

    Der Vorstand von AktHiv+ e.V. tritt für den Erhalt naturheilkundlicher Arzneimittel ein und protestiert dagegen, dafür voraussichtlich ein Großteil altbewährter Arzneimittel in nächster Zukunft vom Markt verschwinden wird.

    Der Deutsche Bundestag verabschiedete im Zusammenhang mit der 4. Novelle des Arzneimittelgesetzes 1990 folgende Entschließung:

    "Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Erstellung von EG-Richtlinien und Verordnungen sowie bei der Umsetzung zu bewirken, dass der naturheilkundliche Arzneischatz voll erhalten bleibt."

    Die Umsetzung dieser Entschließung sehen wir ernstlich gefährdet! Sämtliche Arzneimittel, die bereits vor 1978 auf dem Markt waren, müssen in den nächsten Jahren ein sog. '"Nachzulassungsverfahren" durchlaufen. Nach der S. Novellierung des AMG vom Aug. '94 kann die Sachverständigenkommission im Bundesgesundheitsamt auf chemisch definierte, schulmedizinische Arzneimittel zugeschnittene Wirkungsnachweise verlangen, die bei naturheilkundlichen Arzneimitteln weder sachlich noch finanziell zu leisten sind. Seitens der Zulassungsbehörde besteht offensichtlich kein großes Interesse, Arzneimittel zuzulassen. Wird jedoch die Nachzulassung versagt, muss das Arzneimittel aufgrund der Novellierung i.d.R. sofort vom Markt genommen werden. Erklärtes und auch öffentlich geäußertes Ziel der Zulassungsbehörde ist eine deutliche "Marktbereinigung". Diese Bereinigung wird voraussichtlich insbesondere zu Lasten der naturheilkundlichen Arzneimittel ausfallen. Viele Aids-Betroffene wenden mit Erfolg alternative Heilmittel an.

    Wir lehnen z.T. schulmedizinische Medikamente ab, wegen der oft hohen Nebenwirkungen. Daneben werden durch den Verzicht von schulmedizinischen Medikamenten und der Anwendung von

    Naturheilmitteln den Krankenkassen in den allermeisten Fällen hohe Ausgaben erspart.

    AktHiv+ fordert daher den Erhalt der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen wie Homöopathie, Anthroposophische Medizin und Phytotherapie [Anm. d. Red.: Pflanzenheilkunde]. Wir, Menschen mit HIV/AIDS von AktHiv+, rufen alle Parlamentarier und politische Verantwortlichen auf, sich für dieses Anliegen einzusetzen.


    Kopien des Schreibens incl. Resolution gingen an SPD, FDP, GRÜNE, PDS, CDU, den Gesundheitsausschuss im Bundestag, sowie an Fraktionen im Landtag, die Deutsche Aidshilfe sowie die Aidshilfe Baden-Württemberg.

  • Schreiben v. 05.08.1995 an Hr. N. Blüm betr. Anerkennung von HIV-positiven Menschen als Schwerbehinderte

    An Herrn

    Dr. Norbert Blüm

    Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung

    Rochusstr. 1

    53123 Bonn


    Anerkennung von HIV-positiven Menschen als Schwerbehinderte


    hier: Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und Schwerbehindertengesetz des BMAS


    Sehr geehrter Herr Dr. Blüm,


    das 19. Landesweite Treffen von Menschen mit HIV/Aids hatte sich in einer Petition vom 18.06.95 an die Sozialministerin für Baden-Württemberg gewandt.


    Ziel war/ist es, die HIV-Infektion auch als Schwerbehinderung anzuerkennen. Grundlage der Petition war der niedersächsische Erlass, Menschen mit HIV die Gewährung von "Eingliederungshilfen für Behinderte" nach 88 39, 40 BSHG zu ermöglichen.


    Das Sozialministerium Ba-Wü hat uns in seinem Schreiben vom 20.07.95 leider darauf hinweisen müssen, dass die Landesregierung keine Verordnungskompetenzen im Schwerbehindertengesetz besitzt und eine Verordnung wie in Niedersachsen aufgrund des Verwaltungsaufbaus in Ba-Wü nicht möglich ist.

    Die Sozialhilfeträger in Ba-Wü sind nämlich kommunale und daher nicht weisungsgebundene Organe. Hinsichtlich unseres Anliegens wurden wir daher an Sie bzw. Ihr Ministerium verwiesen.


    Die Mitteilung eines HIV-positiven Testergebnisses ist auch heute noch ein psychisch nur schwer zu verkraftendes Ereignis. Oft resultieren daraus Depression, Verlust des Selbstwertgefühles und Rückzug vom Umfeld. Ängste vor Verlust des Arbeitsplatzes, der Anerkennung im Betrieb sowie Ablehnung in der Familie bestehen im hohen Maße. Hier muss oft ein Versteckspiel begonnen werden. Diese Situation begünstigt ein Fortschreiten der HIV-Infektion.


    Bisher war es nicht möglich, als "nur"-HIV-infizierter Mensch, einen Nachteilsausgleich (Anerkennung als Schwerbehinderte/r) zu erhalten. Das Land Niedersachsen hat einen ersten Schritt gegenüber anderen Bundesländern getan, frühzeitig Aids-Betroffenen Erleichterung und einen Ausgleich zu ermöglichen. Durch die Selbstbindung der Verwaltung per Erlass, können Menschen mit HIV auch Hilfen zur "Eingliederung von Behinderten" gem. 8$ 39, 40 BSHG beantragen.

    Gerade der psychische Faktor wird wohl bei der Immunschwächekrankheit ein entscheidender sein, weshalb die Gewährung von Hilfen nicht daran scheitern sollte, dass Betroffene noch "zu gesund" sind. Eine frühestmögliche Unterstützung von Menschen mit HIV begünstigt einen positiven Krankheitsverlauf.

    Die zusätzlichen Rechte, die Menschen mit HIV durch eine Anerkennung als Schwerbehinderte genießen würden, wären nicht unerheblich und werden von uns Betroffenen als sehr immunsystemförderlich angesehen (erhöhter Kündigungsschutz, 5 Tage mehr Urlaub, Freistellung von Mehrarbeit, evtl. behindertengerechter Arbeitsplatz, ermäßigte Eintrittspreise,...).


    Es kann nicht Ziel sein, darauf zu warten, dass Menschen mit HIV erst krank werden müssen, damit sie in den Genuss von Erleichterungen gelangen können.


    AktHiv+ e.V. fordert Sie daher als Vertreter der Patienten auf, eine Prüfung zur Änderung der entsprechenden Richtlinien über die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft einzuleiten.

    Sehr geehrter Herr Blüm, wir haben mit großer Freude verfolgt, wie Sie in Baden-Baden bei der Benefiz-Gala zugunsten der Aids-Stiftungen tätig waren. Wir wissen uns daher mit unserem Anliegen in guten Händen und bitten Sie um Unterstützung.


    Mit freundlichen Grüßen

    Oliver Trautwein

    Vorstandsmitglied

    AktHiv+ e.V.

  • 25.08.-01.09.1995 Fortbildungskurs "Politische Bildung"

    Vom 25.08.-01.09.95 führt AktHiv+ e.V. einen Fortbildungsworkshop "Politische Bildung" in Fornalutx/Spanien durch.

    Durch den Workshop sollen die Mitglieder von AktHiv+  Gesetze auf verschiedenen staatlichen Ebenen - Gemeinde bis Bundesland-  kennen, damit sie ihre Rechte kennen und um diese gbf. einzufordern.  Die Teilnehmer sollen im Umgang mit Ämtern und Behörden befähigt werden Petitionen und Eingaben einzureichen und Strategien zu erlernen um deren Durchsetzung zu erreichen.

    Die Vertreter von AktHiv+ -insbesondere Oliver Trautwein- setzen sich in der Tat bei zahlreichen Veranstaltungen mit Vertretern der Politik auseinander.

    Themen, Inhalte siehe hier

  • 23.09.1995 Strittiges Gauselfinger „Bädle“

    Hohenzollerische Zeitung v. 23.09.

    Gauselfinger „Bädle“: HIV-Infizierte planen neuen Anlauf


    Burladingen-Gauselfingen. Gänzlich und für alle‘ Zeit will „AktHiv+“, der landesweite Verein der HIV-Infizierten, nicht darauf

    verzichten, im Gauselfinger Lehrschwimmbecken gemeinsame Entspannungsübungen durchzuführen. 

    Das heißt nicht, dass eine Neuauflage des „Bädlesstreits“ vom vergangenen Jahr unmittelbar bevorsteht. Aber im Sommer nächsten Jahres, so erklärte Vorstandsmitglied Oliver Trautwein gestern anlässlich des 20. landesweiten Positiventreffens, „werden wir es noch einmal probieren — und diesmal energischer“. 


    Im vergangenen Jahr hatte der Gauselfinger Ortschaftsrat mehrheitlich abgelehnt, dem Verein das Schwimmbad für eine Wassertherapie zu vermieten. „Vielleicht“, so hofft Trautwein, „denken sie jetzt etwas anders darüber“. Sabine Faber, die Vorstandsvorsitzende von „AktHiv+“ will insbesondere „auf das Angebot des gemeinsamen Badens“ zurückkommen, das die Infizierten damals von Politikern erhalten hatten.

    Auch der CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Paul-Stefan Mauz spielte in seinem gestrigen Grußwort auf den „Bädlesstreit“ an. Mauz kritisierte, dass „auch bei öffentlichen Funktionsträgern, von denen man Toleranz eigentlich erwarten dürfte, diese manchmal nicht vorhanden ist“. Mauz sagte den HIV-Positiven dabei zu, „hier um mehr Verständnis zu werben“.

  • 23.09.1995 Aids-infizierte Menschen fühlen sich nach wie vor ausgegrenzt.

    Südwestpresse v. 23.09.

    Aids-infizierte Menschen fühlen sich nach wie vor ausgegrenzt

    Von unserem Redaktionsmitglied Raimund Weible, Tübingen


    BURLADINGEN, Zollernalbkreis. „AktHiv+‘ nennt sich der Verein, und was er tut, ist aus dem Namen herauszulesen: Er ist ein Zusammenschluss von HIV-positiven Menschen und Aids-Patienten sowie deren Angehörigen. Beim 20. ‚„Landesweiten Positiventreffen‘‘ in Burladingen-Gauselfingen auf der Zollernalb ging es gestern wieder einmal um ein Problem, das noch nicht gelöst ist: die Integration der Aids-Infizierten in die Gesellschaft. Sie fühlen sich nach wie vor mit einem Kainsmal gezeichnet und ausgegrenzt. Beispiel Arztbesuch: Nach einer Umfrage von „AktHiv+“ lehnen es 20 Prozent der Zahnärzte ab, HIV-Positive, die sich zu ihrer Krankheit bekennen, zu behandeln. In großen Städten sei es kein Problem, einen Zahnarzt zu finden, sagt Vorstandsmitglied Oliver Trautwein, „aber auf dem Land schon“. Bei den Doktoren haben sie „Ängste ausgemacht, andere Patienten zu verlieren, wenn sie Aids-Infizierte therapieren. Da fehlt es an Wissen‘“, meint Trautwein. Leider sei aber die Bereitschaft der Ärzte, sich fortzubilden und sich über die Möglichkeiten der. Vorsorge zu informieren, sehr gering, monierte das Vorstandsmitglied. Kritik an Medizinern äußern auch HIV-positive Frauen. Trautweins Vorstandskollegin Sabine Faber hält es für falsch, Aids-infizierte Frauen, die schwanger geworden sind, sofort zum Abbruch zu drängen oder positiven Frauen ihren Kinderwunsch auszureden. Laut Sabine Faber muss das Kind einer HIV-Positiven nicht ebenfalls infiziert sein; nach ihren Angaben liegt der Anteil der Babys die sich während der Schwangerschaft und bei der Geburt infizieren, bei 14,5 Prozent. Faber: „Es ist das Recht einer HIV-Positiven, schwanger werden zu dürfen, und es ist das Recht des Kindes, auf die Welt zu kommen.“ Die ‚„AktHiv+“-Sprecher und -Sprecherinnen plädieren auch dafür, HIV-Positive, ob mit oder ohne Aids-Symptome, mit einem Schwerbehindertenausweis auszustatten. Von der Anerkennung als Schwerbehinderte verspricht sich der Verein auch einen wirksamen ' Kündigungsschutz. Laut Sozialministerin Helga Solinger wirken die Zusammenkünfte von Positiven gegen drohende soziale und psychische Vereinsamung der Betroffenen. Die Treffen, schrieb sie in einem Grußwort, trügen ihrer Meinung nach dazu bei, dass HIV-positive und Aidskranke Menschen sowie ihre Partner und Partnerinnen wieder neuen Lebensmut finden können und dann imstande sind, mit ihrer Situation besser fertig zu werden. Das Sozialministerium fördert „AktHiv+“ jährlich mit 30 000 Mark. Damit finanziert der Verein die Treffen.

  • Einladung an die CDU zum 20. Treffen HIV-Positiver und Aidskranker in Gauselfingen

    10.04.95

    Die CDU-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg wird mit Anschreiben von AktHiv+ zu ihrem Jubiläum, dem 20ten landesweiten Positiventreffen in Baden-Württemberg eingeladen.

    Im Anschreiben wird betont, dass das Selbsthilfeprojekt von AIDS-Betroffenen seit 7 Jahren kontinuierlich Workshops zur gesundheitlichen Stabilisierung immungeschwächter Menschen anbietet und es dadurch geschafft habe, Betroffene zu motivieren, offen mit der HIV-Infektion zu leben.

    Die Gründung des Vereins AktHiv+ e.V. sei landesweit etwas Einmaliges: Nämlich der erste AIDS-Verein, der nur aus Betroffenen bestehe.

  • 23.09.1995 Festakt zum 20. Treffen HIV-Positiver und Aidskranker in Gauselfingen

    Hohenzollerische Zeitung v. 23.09.1995

    Mauz und Bender sagen HIV-Infizierten ihre weitere politische Unterstützung zu

    Gestern Festakt zum 20. Treffen HIV-Positiver und Aidskranker in Gauselfingen


    Burladingen-Gauselfingen. Hubertus Kleiner und Heinrich Ostwald erlebten das Jubiläum nicht mehr. Beide starben im Frühjahr dieses Jahres an Aids. Ihre Freunde haben an diesem Wochenende Grund zum Feiern.


    Zum 20. Mal treffen sich derzeit die im Verein „AktHiv+ e.V.“ zusammengeschlossenen Aids-Infizierten von Baden-Württemberg im Haus des Gauselfinger WIR-Projekts.

    Beim gestrigen Festakt sicherten die Landtagsabgeordneten Dr. PauI-Stefan Mauz (CDU) und Biggi Bender (Grüne) ihre politische Unterstützung zu und ermunterten „AktHiv+“ zum Weitermachen.

    Das 20. landesweite Treffen der HIV-Positiven, das am Donnerstag in Gauselfingen begann und noch bis zum Sonntag dauert, ist nach den Worten der Grünen-Abgeordneten Biggi Bender „einerseits ein trauriger Anlass, weil inzwischen so viele gestorben sind“, andererseits aber eine gute Nachricht. Denn es bedeute auch: Sieben Jahre Möglichkeit zur Begegnung und sieben Jahre Gesundheitsförderung für die Betroffenen.


    Vor sieben Jahren war es, als sich zum ersten mal 15 HIV-Infizierte.aus dem ganzen Land in Heilbronn trafen. Die folgenden 19 Begegnungen fanden allesamt in Gauselfingen statt. „Wir sind durch Zufall zum Wir-Projekt gekommen“, erinnerte sich „AktHiv+“ Vorstandsmitglied Oliver Trautwein in seiner Rede. „Und es hat sich eine freundschaftliche Zusammenarbeit entwickelt“.


    Innerhalb dieser sieben Jahren vollzog sich laut Trautwein ein langsamer, aber stetiger Wandel „vom heimlichen Treffen auf der Alb zum politischen Verein von Betroffenen“. Ihren Verein „AktHiv+“ gründeten die HIV-Infizierten im vergangenen Jahr, um ihre politischen Forderungen selbst zu vertreten und sich nicht länger unter dem Dach der Deutschen Aids-Hilfe zu verstecken. Beharrlich bemühen sich die „AktHivisten“ „der Krankheit Aids ein menschliches Gesicht zu geben“.


    Politische Arbeit ist eines derZiele der viermal jährlich stattfindenden Begegnungen: „Mit Aids wird Politik gemacht. Also müssen wir Betroffenen uns in die Politik einmischen“, erläuterte Oliver Trautwein. Ferner geht es bei den Treffen um die gegenseitige Information über Ernährungsfragen, über medizinische und sozialrechtliche Themen. Und drittens werden regelmäßig Übungen zur Entspannung und Stressminderung angeboten. 

    Der Versuch, dies auch im Gauselfinger Lehrschwimmbecken zu tun, eskalierte im vergangenen Jahr zum Gauselfinger „Bädlesstreit“. Doch obwohl die HIV-Infizierten damit in ihrer Stützpunktgemeinde Anstoß erregten, haben sich die Befürchtungen, die die Aids betroffenen ursprünglich hegten, nicht bestätigt. „Unsere Treffen werden akzeptiert“, stellte Oliver Trautwein fest.


    In ihren Grußworten boten die Landtagsabgeordneten Dr. Paul-Stefan Mauz (CDU) und Biggi Bender (Grüne) den HIV-Infizierten ihre politische Unterstützung an. Mauz räumte zwar ein, dass er sich in seiner Fraktion „manchmal als Einzelkämpfer“ fühle, was die Aids-Politik anbelangt. Er ermutigte „AktHiv+“ jedoch zu politischen Initiativen: „Es ist wichtig, dass Sie sich artikulieren und auf die Politik zugehen“, rief Mauz der Jubiläumsgemeinde zu.

    Auch Biggi Bender hielt es für „die beste Gesundheitsförderung“, sich offen zu seiner Infektion zu bekennen und gemeinsam für seine Sache einzustehen. Die Abgeordnete gratulierte „AktHiv+“ zur Vereinsgründung und ermutigte die Mitglieder, „ihren Weg weiterzugehen“. Im Namen der Grünen-Fraktion sicherte Biggi Bender den Infizierten alle Unterstützung zu.


    Oliver Trautwein bracht das politische Thema, das den HIV-Positiven derzeit die größten Sorgen bereitet, auf den Punkt: Sie fürchten, dass mit-der Novellierung des Bundesseuchengesetzes die seit Jahren diskutierte Meldepflicht für Aids doch noch durchgesetzt und im selben Zuge ein Zwangs-HIV-Test für Schwangere eingeführt wird. Diese Pläne, so Trautwein, „alarmieren“ die Betroffenen. Ihre Hoffnung ist, dass sich die baden-württembergische Landesregierung solchen Entwicklungen widersetzt. Biggi Bender nahm diesen Ball auf: „Das“, so sagte sie, „wäre ein Rückfall- in Gauweilersche Zeiten“. hy

  • Aids ein menschliches Gesicht geben. 20. Positiventreffen in Gauselfingen

    Schwabo lokal 23.09.1995


    Aids ein menschliches Gesicht geben

    20. Positiventreffen in Baden-Württemberg im WIR-Projekt in Gauselfingen


    Burladingen-Gauselfingen (uws). 35 HIV-infizierte und an Aids-erkrankte Frauen und Männer trafen sich am Wochenende im Gauselfinger WIR-Projekt zum 20. landesweiten Positiventreffen, das den Betroffenen neben. einem Festakt am Freitagnachmittag Hilfestellungen diverser Art, Möglichkeiten zu Kontakten, Erfahrungsaustausch und zur Entspannung boten.


    Im Verlauf des am Freitagnachmittag durchgeführten Festaktes im Gauselfinger WIR-Projekt betonte der Vorstandsvorsitzende des Trägervereins der landesweiten Positiventreffen in Baden-Württemberg, Oliver Trautwein, dass diese Treffen seit sieben Jahren und von den insgesamt 20 mehrtägigen Veranstaltungen bisher 19 in Gauselfingen durchgeführt wurden.

    Die Positiventreffen, an denen durchschnittlich 35 Frauen und Männer teilnehmen, werden ausschließlich von Betroffenen organisiert. Hauptaufgabe der Positiventreffen sei es, gegen die Isolation und Vereinsamung von Aids-Betroffenen anzugehen. Fester Bestandteil dieser vierteljährlichen Treffen seien auch Angebote zur Entspannung und Stressreduktion sowie Massagen.

    Die Veranstaltungen finden jeweils mit einem anderen Schwerpunktthema statt, das momentan stattfindende Treffen befasst sich intensiv mit der Thematik “Sexualität”.


    Oliver Trautwein hob in seiner Grundsatzrede anlässlich des 20. Positiventreffens hervor, dass sich diese Veranstaltungen in den sieben Jahren ihres Bestehens von fast heimlichen Treffen zum politischen Verein für Betroffene entwickelt hätten.

    Bezüglich der Finanzierung erwähnte er,dass die Deutsche Aidshilfe bis vor einem Jahr die Treffen finanziert habe. Inzwischen fördere das Land Baden-Württemberg die landesweiten Positiventreffen mit jährlich 30.000 Mark. Hinsichtlich der an den Treffen regelmäßig teilnehmenden Betroffenen hob Sabine Faber hervor, dass bei den Teilnehmern inzwischen auch sieben bis acht Frauen seien.


    Bei den Positiventreffen, die anfänglich nur über die Aidshilfe, jetzt auch bei Ärzten und in Krankenhäusern publik gemacht werden, sind jeweils vierteljährlich Neuzugänge zu verzeichnen, so die Vorstandsvorsitzende. Man fühle sich dadurch in seiner Arbeit bestätigt, bedauerlicherweise seien jedoch auch einzelne Teilnehmer bereits verstorben.


    Die Diskussion um die Wassertherapie im Gauselfinger Lehrschwimmbecken betreffend teilte Sabine Faber mit, dass man im nächsten Jahr die Angebote des Burladinger Bürgermeisters sowie des Landtagsabgeordneten Paul-Stefan Mauz, gemeinsam mit den HIV-infizierten und an Aids-erkrankten Menschen baden zu. gehen, wahrnehmen wolle und einen erneuten Versuch starten möchte, um den Betroffenen solch eine Wassertherapie zu ermöglichen.


    Der CDU-Landtagsabgeordnete Paul-Stefan Mauz betonte, dass trotz der erfolgreichen Arbeit des Trägervereins bezüglich der Aufklärung über die Krankheit und hinsichtlich des Toleranzgedankens noch viel zu tun sei. Ebenso wie bei der letztjährigen Aids-Veranstaltungen in Burladingen erklärte er seine Bereitschaft, Toleranz und Verständnis zu wecken.

  • 30.09.1995 Infizierte Frauen kämpfen für Selbstbestimmung bei einer Schwangerschaft

    Zeitung unbekannt, Samstag, 30. September 1995

    Aids wird immer mehr zum Frauenproblem

    Infizierte Frauen kämpfen für Selbstbestimmung bei einer Schwangerschaft


    Das 20. Landestreffen der mit dem Aids-Virus HIV infizierten Menschen ist zu Ende, doch die politischen Forderungen des Vereins

    „AktHiv+“, die am vergangenen Wochenende in Gauselfingen erhoben wurden, bleiben bestehen. Am meisten fühlen sich die HIV-Positiven derzeit von der geplanten Novelle des Bundesseuchengesetzes bedroht. Ihre Furcht: Eine Meldepflicht für Aids könnte auf diesem Wege doch noch Wirklichkeit werden. „Alarmiert“ fühlen sich die „AktHiv+“-Mitglieder auch von Plänen, in diesem Zuge einen Zwangs-HIV-Test für Schwangere einzuführen.

    Aids wird immer mehr auch zum Frauenproblem. Das zeigte sich am vergangenen Wochenende beim 20. Landestreffen der HIV-Positiven in Gauselfingen. Von den 35 Teilnehmern aus ganz Baden-Württemberg war etwa ein Viertel weiblichen Geschlechts - soviel wie kaum einmal zuvor. „Das zeigt, wie brisant und problematisch die Situation für Frauen ist“, sagt Sabine Faber, die Vorstandsvorsitzende des im Gauselfinger WIR-Projekt ansässigen Selbsthilfevereins „AktHiv+“.

    Insbesondere (werdende) Mütter, die mit dem Aids-Virus infiziert sind, fürchten enorme soziale Probleme für sich und ihre Kinder, wenn sie sich „outen“, sprich öffentlich zu ihrer Infektion stehen. „Positive Mütter gelten immer noch als unverantwortlich“, weiß Sabine Faber. Allzu wenige Menschen wissen, dass das Kind einer Aids-Infizierten nicht Notwendigerweise auch HIV-positiv sein muss.

    Im Gegenteil: „Die Chancen für das Kind, negativ zu sein, stehen gar nicht so schlecht“, betont Sabine Faber und belegt dies mit einer Zahl: Nur 14,5 Prozent der Kinder von HIV-positiven Müttern werden nach ihren Angaben HIV-positiv. Die politische Forderung, die daraus resultiert, lautet: „Es ist das .Recht einer HIV-Positiven, schwanger werden zu dürfen“.

    Die Landesvereinigung der Aids-infizierten wehrt sich deshalb auch energisch gegen die auf Bundesebene erneuerten (und vor allem

    den) Bestrebungen, Schwangere zu einem HIV-Test zu zwingen. „Alarmiert“ sind die „AktHiv+“-Mitglieder auch von den aus der untersten Schublade der Gesundheitspolitik geholten Plänen, Aids in die Liste der meldepflichtigen Krankheiten aufzunehmen. „Eine Meldepflicht ist heute genauso unsinnig wie vor fünf Jahren“, sagt Vorstandsmitglied Oliver Trautwein.

    Außerdem kämpfen die „AktHiv+“-Sprecher/innen dafür, dass auch HIV-Positive ohne bereits erkennbare Aids-Symptome einen Schwerbehindertenausweis erhalten. Von der Anerkennung als Schwerbehinderte versprechen sich die Infizierten nicht zuletzt einen wirksamen Kündigungsschutz. In dieser Angelegenheit ist der Gauselfinger Verein bereits bei Arbeitsminister Norbert Blüm vorstellig geworden.

    Beim Seehofer-Ministerium hat „AktHiv+“ dagegen interveniert, dass eine Reihe von Naturheilmitteln, die das Leiden der Aidskranken lindern können, bald nicht mehr von den Kassen bezahlt werden sollen. Die Forderung des Vereins: Auch sanfte  Medikamente  sollen weiter finanziert werden. hy

  • 30.12.1995 Künstler helfen Aidskranken

    Hohenzollerische Zeitung v. 30.12.1995

    Künstler helfen Aidskranken

    Gauselfingér Weihnachtsmarkt florierte: 2214,90 Mark für Selbsthilfeverein „AktHiv+“


    Burladingen-Gauselfingen. Wer freut sich, wenn er Gebühren bezahlen muss? Niemand? Falsch. Gern ihre Standmiete entrichtet haben die Beschicker des dritten Weihnachtsmarktes im Gauselfinger „Wir-Projekt“. Sie wussten, der Betrag kommt dem ebenfalls im „Wir“ ansässigen Selbsthilfeverein „AktHiv+“ zugute. Stattliche 2214,90 Mark übergab Marktveranstalterin Angelika Baldus gestern der Vorstandsvorsitzenden Sabine Faber-Gretz. Der Kunsthandwerkermarkt im Gauselfinger „Wir-Projekt“ erfreut sich von Mal zu Mal größerer Beliebtheit. Und das nicht nur bei den Besuchern, sondern auch bei den Ausstellern: 26 Künstler haben beim jüngsten Markt im großen Saal (die HZ berichtete) ihre Waren feilgeboten, das waren neun mehr als im Vorjahr und rund viermal soviel wie beim ersten Markttreiben vor zwei Jahren.


    Wieder ist dabei die Standgebühr von zehn Prozent des Umsatzes dem Selbsthilfeverein„AktHiv +“ zugeflossen. Das ist auch der Grund, warum es den Kunsthandwerkern einigermaßen leichtgefallen ist, ihren Obolus zu entrichten: „Es ist einfach ein besseres Gefühl, wenn man weiß, das Geld geht nicht in die Tasche eines privaten Veranstalters, sondern ist für einen guten Zweck bestimmt“, so Andreas Grosse, Mitveranstalter und selbst Kunsthandwerker.


    Gefreut hat sich über die insgesamt 2214,90 Mark natürlich der Adressat „AktHiv+“: Eine strahlende Sabine Faber-Gretz - sie ist die Vorstandsvorsitzende – nahm das Geld gestern von Angelika Baldus entgegen. Zwar erhält der Selbsthilfeverein für Aids-infizierte Zuschüsse aus öffentlicher Hand, doch wären viele Projekte und Veranstaltungen ohne Spenden von privater Seite nicht zu verwirklichen.


    Dazu gehören unter anderem auch die Angebote bei den „Positiventreffen“, die der Verein vierteljährlich im „WIR“ veranstaltet: Für Unterkünfte, Essen, Referenten und Materialien schlagen regelmäßig etwa 8000 Mark zu Buche.

    Auch über dieses Wochenende findet wieder ein solches Treffen (das insgesamt 21.) statt und sind rund 30 Infizierte aus allen Landesteilen nach Gauselfingen gereist, um Rat, Trost und Entspannung zu suchen.

    Obwohl die Nachfrage groß ist und die Veranstalter das Lob aller Besucher erhalten, gibt es in der Bundesrepublik kaum vergleichbare Angebote - andererseits mag dies den Grund für das zunehmende Interesse darstellen.


    Überdies verantwortlich für den Erfolg ihrer Arbeit machen die Gauselfinger das Vereinskonzept: „Die Mitglieder von ‚AktHiv+’ sind selbst Betroffene. Im Gegensatz zu anderen Gruppen wird nicht ‚über’, sondern ‚mit’ den Infizierten entschieden“.


    In seiner Öffentlichkeitsarbeit kommt der Verein dagegen langsamer voran: „Aids ist ein Angstwort, das verdrängt wird, die Leute gehen dem Thema lieber aus dem Weg.“ Andererseits falle es vielen HIV-Positiven schwer ans Licht zu treten - „sie verstecken

    sich vor der Welt und haben zu ihrer Krankheit auch noch die Einsamkeit zu ertragen.“ „AktHiv+“ sieht sich daher auch als „Anwalt“ der Aidskranken und will sich keinesfalls eine Scheu nachsagen lassen: „Weil die Infizierten zumeist nicht gefragt werden, mischen wir uns ein und tragen an verantwortlicher Stelle die Bedürfnisse vor“. bad

  • Politik

    Der bayrische Ministerrat beschließt, den obligatorischen HIV-Test bei Beamtenanwärtern in Bayern nicht mehr durchführen zu lassen.[10]


    Schreiben Oliver Trautwein vom  29.04.1995 an alle Beirätinnen und Beiräte der DAH, den Vorstand der DAH und an die DAH-Geschäftsstelle


    Bericht aus der Beiratssitzung 6./7. Mai '95 in Berlin betr. Aufnahme von AIDS in Geschlechtskrankheiten-Gesetz (GeschlKrG) 


    In der Süddt. Zeitung vom 31.03.95 fordert der bekannte Passauer Jura-Professor Otfried Seewald die Aufnahme von AIDS in das Geschlechtskrankheiten-Gesetz. Dieser Vorstoß bei der Bundesregierung soll von der GRÜNEN-Politikerin Christine Scheel (Bayern) und der CSU-Abgeordneten Dagmar Wöhrl unterstützt und forciert werden. 

    (Wie) hat die D.A.H. bzw. das Pressereferat reagiert ?

    (Bitte um Kopie der Reaktion [Pressemitteilung] als Material in der Beiratssitzung).

    Gab es eine Reaktion der bayr. AIDS-Hilfen (Beirat für Bayern) hierauf? 

    Die DAH muß sich zu diesem Vorstoß verhalten und reagieren, da es sich um eine Grundsatzangelegenheit handelt.

    Ich werde eine entsprechende Empfehlung des Beirates in Antragsform einbringen. 

    Die Aufnahme von AIDS in das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23. Juli 1953 (BGBl. I, S. 700) würde -entsprechend ausgelegt- bedeuten, daß

    - AIDS-Bekämpfung ausschließlich Sache der Gesundheitsämter wäre ($ 2 II)

    - Infizierte verpflichtet wären, sich untersuchen und bis zur Beseitigung der Ansteckungsgefahr behandeln lassen zu müssen ($ 3 I)

    - Infizierte und Personen, die dringend verdächtig sind, auf Verlangen ein Gesundheitszeugnis vorlegen oder einen Arzt über ihren Gesundheitszustand infomieren müssen (& 4 I)

    - das Gesundheitsamt die Untersuchung anordnen kann ($ 4 II)

    - das Gesundheitsamt einen Befundbericht des Arztes erhält ($ 4 III)

    - Beschäftigungsverbot erlassen werden kann ($ 5 I)

    - es verboten ist, Geschlechtsverkehr zu betreiben ($ 6 I)

    - Ratschläge zur Selbstbehandlung verboten sind ($ 9 II)

    - Aufzeichungspflicht für Ärzte über Behandlungsmethode besteht ($ 9 IV)

    - jeder Infizierte bestätigen muß, schriftlich über seine Aufklärungspflichten belehrt worden zu sein ($ 11 I)

    - Meldung an das Gesundheitsamt erfolgt (ohne Namen) ($ 11a II)

    - Namentlich Meldung erfolgt bei -Personen, die sich nicht behandeln lassen wollen

    - Personen, die nach Überzeugung des Arztes durch ihre Lebensweise oder allg. Lebensumstände eine Gefahr der Übertragung auf andere bilden, 

    - Personen, die offensichtlich falsche Angaben über die Ansteckungsquelle machen

    - Personen, die unter 18. Jahre sind und sittlich gefährdet erscheinen. ($ 12 I)

    - die Ärzte verpflichtet sind, die mutmaßliche Ansteckungsquelle zu ermitteln, dem Gesundheitsamt zu melden, wenn weitere Ansteckungsgefahr bestünde ($ 13 I)

    - infizierte HWG-Personen generell dem Gesundheitsamt gemeldet werden müssen ($ 13 II)

    - die Gesundheitsämter Maßnahmen gegen die Weiterverbreitung treffen müssen ($ 15 I)

    - das Gesundheitsamt Personen vorführen lassen kann bei Ansteckungsverdacht oder Verdacht, die Krankheit weiterzuverbreiten,($ 18 I)

    - Zwangsmittel und Festnahme angeordnet werden können ($ 18 II)

    - daß die Länder die Kommunen verpflichten können, besondere Krankenhausfachabteilungen mit möglicher Isolierung bereitzustellen ($ 23 I)


    Anm. der Red,:

    Das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (GeschlKrG) vom 23. Juli 1953 ermächtigte in der Bundesrepublik Deutschland die Gesundheitsämter, zum Zweck der Bekämpfung sexuell übertragbarer Erkrankungen die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person einzuschränken. Dazu zählten Zwangsuntersuchungen von Prostituierten. 

    Am 1. Januar 2001 trat das Gesetz außer Kraft und wurde durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) ersetzt, das in Bezug auf die Bekämpfung von Infektionskrankheiten statt behördlicher Kontrolle und Zwangsmaßnahmen auf freiwillig wahrzunehmende Hilfsangebote der Gesundheitsämter setzt.[125]

  • Medizin

    Protease-Hemmer kommen als neues Aidsmedikament auf den Markt.[1]


    HAART Therapie

    Erste kombinierte "Highly Active Anti-Retroviral Therapy" in den USA entwickelt.[2]

    Studien zeigen endgültig, dass die kombinierte Behandlung zweier Wirkstoffe besser als eine Monotherapie wirkt.[4]

    Der Einsatz dieser Therapie senkt die Sterblichkeit infolge von HIV-Infektionen um 60 bis 80 Prozent.[2]

    Die Zweierkombi wird neuer Behandlungsstandard.[4]

  • Medikamente *

    Epivir® / Zeffix®,Wirkstoff Lamivudine(NRTI), in den USA zugelassen.[71][102]


    Invirase®, Wirkstoff Saquinavir (PI), Zulassung in den USA [71][102] als erster Proteasehemmer für den Einsatz im Rahmen von Kombinationstherapien zugelassen.[10] und Zulassung in der EU.

    Patienten müssen sehr hohe Dosen über den Tag verteilt alle acht Stunden einnehmen.

  • Zahlen

    Zum Jahresende ist bei 513.486 US-Bürgern Aids diagnostiziert, 319.849 Menschen sind bislang gestorben.[137]

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